Lehrarbeit

Vorteil – Lektion 1

Die Vorteilsbestimmung (Regeltechnik)

1. Vorstellung und Besprechung des Regeltextes (Transparent/Tageslichtprojektor)

»Der Schiedsrichter hat von einer Spielunterbrechung abzusehen, wenn dies von Vorteil für dasjenige Team ist, gegen das sich das Vergehen richtete, und das ursprüngliche Vergehen zu bestrafen, wenn der erwartete Vorteil zu diesem Zeitpunkt nicht eintritt.« (DFB-Fußballregeln)

In einer zusätzlichen Anweisung hatte die FIFA den zeitlichen Rahmen auf 2 bis 3 Sekunden begrenzt, währenddessen der Spielleiter einen Regelverstoß noch ahnden kann, wenn der erwartete Vorteil nicht eintritt. Diese Anweisung gilt sinngemäß auch heute noch, wenngleich auch mit mehr Spielraum (siehe Auslegung der Spielregeln und Richtlinien der FIFA für Schiedsrichter – Rechte und Pflichten: Der Entscheid zur Ahndung des ursprünglichen Vergehens ist innerhalb der nächsten paar Sekunden zu treffen).

Diese Einschränkung und zwei weitere sollten ebenfalls mittels eines Transparentes den Schiedsrichtern vor Augen geführt werden.

2. Vorstellung und Besprechung einschränkender Bestimmungen

Voraussetzung für die Anwendung der Vorteilsbestimmung:

  • Zeitspanne zwischen Regelübertretung und verspäteter Spielunterbrechung wenige Sekunden
  • der Ball muss noch im Spiel sein
  • Persönliche Strafen sind spätestens in der nächsten Spielunterbrechung auszusprechen

Während die Spielleiter vor der Änderung der Vorteilsbestimmung gehalten waren, ihre Entscheidung durch Handzeichen oder Zuruf (»Vorteil!«) zu verdeutlichen, sollte nunmehr der Zuruf nur noch in ganz eindeutigen Fällen angewandt werden. Die neue Devise heißt »Abwarten und Tee trinken« (ostfriesische Redewendung).

3. Anbahnung des notwendigen Zeitgefühls (Videofilm)

Untersuchungen beweisen, dass die Schiedsrichter kaum eine konkrete Vorstellung über die Dauer des Zeitraumes von 3 Sekunden besitzen. Es ist deshalb geraten, auf Videobändern oder DVD einige Spielszenen von 3 Sekunden Länge zusammenzustellen. Die Überraschung darüber, was sich in diesem kurzen Zeitraum alles ereignen kann, ist groß!

Die neue Möglichkeit des «verspäteten Pfiffes« hat sich bei den Medien (insbesondere bei den Fernsehkommentaren) erfreulicherweise schnell herumgesprochen. Die Zuschauer haben sich jedoch noch nicht so schnell an die neue Regelauslegung gewöhnt. Der Lehrwart sollte seine Spielleiter deshalb auf die Reaktionen der Zuschauer vorbereiten:

4. Der psychischer Belastung des Spielleiters entgegenwirken (Kurzgeschichte vorlesen und besprechen) 

Ein Spieler spielt den Ball absichtlich mit der Hand. Der Schiedsrichter wartet mit dem Pfiff, um zu sehen, ob der Ball zu einem gegnerischen Spieler gelangt. Er möchte nicht nur dem SR-Beobachter beweisen, dass er die Vorteilsbestimmung richtig anzuwenden weiß. Die Zuschauer brüllen indessen »Hand! Hand! Hand!«Der Ball gelangt zu einem Mitspieler des Übeltäters. Der Schiedsrichter unterbricht mit Verzögerung das Spiel. Die Schreihälse rufen: »Auf Zuruf! Auf Zuruf!«

Der (gute) Schiedsrichterbeobachter wertet die Missfallensbekundungen als Pluspunkt für den Spielleiter !

5. Lernzielkontrolle (anschließend eingehende Besprechung der Fragen)

Mit wenigen, aber gezielt gestellten Fragen lässt sich ermitteln, ob die Vorteilsbestimmung verstanden wurde:

Regeltest zur Vorteilsbestimmung

1. Obwohl der Spielleiter ihn deshalb bereits verwarnt hat, rempelt ein Abwehrspieler seinen Gegner mit unverhältnismäßigem Körpereinsatz. Seinem Gegenspieler gelingt es trotzdem, das Leder zu einem freistehenden Mitspieler zu kicken.

  1. weiterspielen
  2. direkter Freistoß; Feldverweis (gelb/rot)
  3. weiterspielen; Feldverweis (gelb/rot) in der nächsten Spielunterbrechung

2. Ein Spieler spielt den Ball absichtlich mit der Hand. Der Schiedsrichter schaut und wartet, wohin das Leder rollt. Spieler und Zuschauer fordern einen Freistoß. Als der Spielleiter bemerkt, dass die Mannschaft des schuldigen Spielers in Ballbesitz bleibt, unterbricht er das Spiel verspätet wegen des Handspiels.

  1. das ist regelkonform
  2. Schiedsrichter musste das Spiel eher unterbrechen

3. In der Nähe der Seitenlinie stößt ein Spieler seinen Gegner. Der Schiedsrichter wartet ab, ob sich ein Vorteil ergibt, denn der gefoulte Spieler bleibt in Ballbesitz. Dieser kann aber nicht verhindern, dass der Ball über die Seitenlinie ins Aus kullert.

  1. Einwurf für den gefoulten Spieler
  2. Freistoß 
  3. Einwurf für den Spieler, der das Foulspiel beging

4. Ein Abwehrspieler versucht durch Beinstellen, seinen Gegner zu Fall zu bringen. Dem Stürmer gelingt es trotzdem, den Ball mit voller Wucht und placiert auf das Tor zu treten. Als der Schiedsrichter bemerkt, dass der Torwart den Ball abwehrt, erkennt er verspätet auf Freistoß.

  1. gute Anwendung der Vorteilsbestimmung 
  2. der Pfiff kam zu spät
  3. der Schiedsrichter durfte das Spiel nicht mehr unterbrechen

5. Wie 4., aber der Angreifer erwischt das Leder nicht voll, so dass der Torhüter keine Probleme mit der Abwehr des Balles haben wird. Der Spielleiter wartet nicht lange und unterbricht das Spiel.

  1. der Schiedsrichter hätte pfeifen müssen, bevor der Angreifer den Ball tritt
  2. recht so

6. Unmittelbar vor der Strafraumgrenze versucht ein Verteidiger, den gegnerischen Spieler durch einen Tritt in die Ferse zu Fall zu bringen. Als das nicht gelingt, hält er den Stürmer mit beiden Händen im Strafraum fest. Der Schiedsrichter unterbricht das Spiel. Welches Foulspiel muss er bestrafen?

  1. das schwerere Foul, also das Treten 
  2. das Halten 
  3. oder grundsätzlich 
  4. das erste Foul 
  5. das zweite Foul

7. Ein Abwehrspieler sperrt einen Stürmer im Strafraum, ohne den Ball spielen zu können. Der erboste Angreifer verabreicht seinem Gegner von hinten eine schallende Ohrfeige! Wem spricht der Spielleiter den Freistoß zu ?

  1. dem Schläger 
  2. dem Abwehrspieler

Antworten:
1c, 2a, 3c, 4c, 5b, 6b, 7a


Bei der Besprechung dieser Prüfungsfragen muss verdeutlich werden, dass bei mehreren Regelübertretungen einer Mannschaft

  • das schwerere Vergehen oder alternativ
  • der Regelverstoß bestraft wird, dessen Ahndung für die schuldige Mannschaft besonders nachteilig ist.

Zum Beispiel: Tritt ein Abwehrspieler den Gegner unmittelbar vor dem Strafraum und stößt ihn im Strafraum, so sollte das Spiel mit einem Strafstoß fortgesetzt werden.