Forum - Gastspiel

Kommunikation zwischen Schiedsrichter und sonstigen Beteiligten des Fußballspiels

von Volker Lemke

Kapitel 9 – Weiterführende Möglichkeiten

Eine gute Kommunikation gibt uns Schiedsrichter (wie gesagt) nur die Chance, das Spiel positiv zu beeinflussen und so »Werbung« für den Fußball zu machen. Genauso wichtig wäre es aber, von vornherein das Verhalten der Spieler und Trainer (aber auch: Betreuer, Vereinsverantwortlichen, im Kinder- und Jugendbereich: Eltern) in die richtigen Bahnen zu lenken, was aber nicht vom Schiedsrichter, sondern von den Verbänden ausgehen muss und was auch geschieht[77]. Ein besonderer Ansprechpartner wäre hierfür meines Erachtens nach der Trainer. Denn Trainer[78] sind gerade im Kinder- und Jugendbereich Vorbilder[79], können aber auch im Seniorenbereich sehr viel bewirken[80]. Fragen der Kommunikation spielen im Rahmen der Trainerausbildung (jedenfalls in unteren Klassen) nach meiner Einschätzung[81] aber eher eine untergeordnete Rolle[82]. Sie ist meines erachtens nach zu »fußball-lastig« und sollte deshalb um den Erwerb sozialer Kompetenzen – dem aktuellen Geschehen entsprechend – erweitert werden.

Ein richtiger Schritt ist damit getan, dass es den Verein Geld kostet, wenn ein Trainer bzw. Betreuer »des Feldes verwiesen« wird. Aber auch das ist ja nur eine Reaktion auf Symptome, während es ja besser wäre, Trainer/Spieler von vornherein »mit ins Boot« zu nehmen, anstatt sie nachher zu bestrafen[83]. Nicht nur im Spiel – durch den Schiedsrichter – , sondern auch im Vorfeld ist insofern präventive Arbeit zu leisten. Man könnte z. B. in positiver Weise für einen fairen Umgang miteinander werben, indem man dem Schiedsrichter die Möglichkeit eröffnet, faires/korrektes Trainerverhalten (und/oder Mannschaftsverhalten) im Spielbericht gesondert vermerken zu können (also nicht Schlechtes zu bestrafen, sondern Gutes zu würdigen), wie es ja für faires Verhalten der Spieler schon praktiziert wird. Es wäre dann sicher »werbewirksam«, wenn der Trainer mit den meisten positiven Eintragungen am Ende der Saison eine Ehrung durch den Verband (Fair-Play-Beauftragter/Staffelleiter) erfahren würde und hierüber auch in der örtlichen Presse berichtet würde.

Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung der Schiedsrichter könnte auch überlegt werden, ob dem Schiedsrichter angesichts der vielen kleinen (aber ständigen) Nörgeleien heute überhaupt ein ausreichendes Instrumentarium vermittelt wird. Vieles an Frechheiten und im Grunde Beleidigungen muss der Schiedsrichter schlicht ertragen. Und das ständige Lamentieren[84] und Reklamieren der Spieler unterhalb der Schwelle zur Verwarnung führt nicht selten dann doch zur Eskalation. Tatsächlich kann der Schiedsrichter oft erst dann wirklich handeln, wenn sich das Ganze ordentlich »aufgeschaukelt« hat. Dann kommt die Sanktion aber meines Erachtens nach im Grunde zu spät und erscheint deshalb vielleicht zu streng. Man könnte deshalb darüber nachdenken, dem Schiedsrichter hier weitere Möglichkeiten zu eröffnen, etwa, indem man ihm erlaubt und ihn dazu animiert, auch auf »unterschwelliges« unangemessenes Verhalten (nach Ermahnung) mit einer kurzen Zeitstrafe zu reagieren. Diese Zeitstrafe sollte dann auch mehrfach gegenüber dem gleichen Spieler wiederholt werden können. Wie bei den Handballern könnte zudem überlegt werden, unangemessenes Verhalten von Trainern/Betreuern mit einer Zeitstrafe für einen Spieler(!) zu sanktionieren. Dass Eltern[85] Abstand vom Spielgeschehen halten sollen, wird zwar bei den Jüngsten, die nach den Regeln der Fair-Play-Liga[86] spielen, praktiziert; durchaus könnte man aber erwägen, dies auch im Bereich der älteren Jugendmannschaften einzuführen. Überlegen könnte man zudem, die Spieler selbst in die Verantwortung zu nehmen, indem der Schiedsrichter die Spieler in der Regel selbst entscheiden lässt[87], wer den Einwurf bekommt (dabei natürlich darauf achtet, dass die Einigung den Regeln entspricht). Bewährt hat sich im Übrigen auch die vom Württembergischen Fußballverband eingeführte Vorgabe zum »Handschlag vor dem Spiel«[88].

Kommunikative Aspekte könnten auch intensiver bei Schiedsrichter-Lehrgängen (Anwärter) eingebracht werden[89]. Die »Neuen« werden zwar stets gut mit den Regeln vertraut gemacht, erhalten aber möglicherweise zu wenige Hinweise zum Schiedsrichter-Verhalten in kritischen Situationen. Junge Schiedsrichter, die insofern »unvorbereitet« auf den Platz gehen sollten und dann vehement von allen Seiten Kritik erfahren, könnten so schnell die Lust verlieren, uns als Schiedsrichter verloren gehen[90]. Ganz zu schweigen von dem Eindruck, den um ihre Kinder besorgte Eltern gewinnen, wenn es auf dem Platz mal wieder »ab geht«. Wir in Arnsberg haben deshalb schon im Jahre 2013 einen Lehrabend durchgeführt, in dem die Schiedsrichter des Fußballkreises Arnsberg über die vorbeschriebenen kommunikativen Zusammenhänge informiert wurden.

Zuletzt: Auch die Vereine selbst sollten intensiv eingebunden werden. Meines Erachtens nach sollte jeder Verein alle Spieler der Kinder- und Jugendmannschaften, alle Trainer, die Eltern der Kinder und Jugendlichen und alle Seniorenspieler/innen regelmäßig darüber informieren, dass der Verein erwartet, dass sich alle »respektvoll«[91] gegenüber dem Schiedsrichter (und dem Gegner) benehmen[92]. Negative Kritik (zumindest der Spieler und der Eltern) gegen den Schiedsrichter sollte es im Idealfall überhaupt nicht geben[93], das sollte tabu sein[94]. Beispielsweise könnte man die Vereine dazu animieren, im Rahmen eines Elternabends oder einer Spielerbesprechung einen Verhaltenskodex in Sachen »Fair Play« zu entwickeln. Es gibt Vereine, die hier etwas tun[95]; die Verbände sollten dies aber weiter fördern und fordern[96]. Im Ansatz vorbildlich ist insoweit ein Verein aus dem Sauerland, der ein Schild angebracht hat, auf dem klipp und klar darauf hingewiesen wird, dass jedes unangemessene Verhalten eines Zuschauers gegen den Schiedsrichter zu einem Platzverbot für den Zuschauer führen kann. Leider hängt das Schild an einer Stelle, wo es kein Zuschauer sieht. Zudem stellt sich die Frage, ob der Verein die Ankündigung schon einmal umgesetzt hat.